Der Brand in der Fritzmühle 1931
Es vergingen einige Wochen in steter Arbeit und Hoffen, um immer wieder immer weiter fest zu arbeiten, damit man doch wieder vorwärts kam. Mit vielen Sorgen legte man sich schlafen und wenn man erwachte, war es dasselbe. Es verging einen oft die Luft zum weiterkämpfen. Am 9. April hatte mein Mann eine Fuhre Holzwolle nach Karlsbad zu besorgen. Ich selbst musste diesmal mitfahren, weil das Auto nicht in Takt war. Die Schaltung funktionierte nicht.
So kam es, dass wir vor Karlsbad in Birkenheim ferner einen Defekt hatten und nicht mehr weiter konnten. Es kam der Störmüller aus Petschau und hakte unseren Wagen an, bis Karlsbad in die Porzellanfabrik. Dort wurde die Holzwolle abgeladen. dann mussten wir den Wagen abschleppen lassen bis Petschau.
Von dort telefonierte ich mit zuhause, dass der Kutscher mit den Pferden nach Petschau kam um den Wagen vollends heim zubringen. Als wir schon auf der Fuhrwege zur Mühle herein waren, versank das Auto im Graben und musste mittels Winde herausgezogen werden, es schien, es schien, als ob der Wagen nicht wolle – und wie gut wäre es gewesen, wenn er nicht heim gekommen wäre.
Am nächsten Tage geschah das große Unglück. Im Auto war die Kardanwelle kaputt, so musste ich am 10. April nach Eger fahren, um das Ersatzteil fürs Auto zu holen. Ich erhielt es aber nicht, es musste von Deutschland bestellt werden.
Nun fuhr ich heim und mein Mann wartete schon auf dieses Ersatzteil, das Auto hatten sie im Schupfen zerlegt und hatten Vormittag am Benzintank Schrauben eingebohrt, wahrscheinlich sind die Kabeln verletzt worden. Mein Mann und die Arbeiter kamen in die Küche zum Kaffee trinken. Plötzlich als ich am Tisch stand sah ich im Schupfen drüben beim Auto eine Große Flamme. Alles stürzte hinaus um das Feuer zu löschen. Erst versuchten sie das Auto aus dem Schupfen zu entfernen, was aber nicht gelang.
Nebenan lag ein Waggon fertige Holzwolle im Betrag von 4.000 Kronen. Das Feuer ging auf die Holzwolle über, nun rollte die brennende Holzwolle Ballen auf den Hof und auf die andere Seite wir alle schöpften Wasser aus dem Brunnen. Es war aber nicht möglich, das Feuer zu löschen. Auf dem Schupfen obenauf war ein großer Heuboden, der war noch ganz voll, wir hatten doch ihn erst angefangen zu füttern. In der Scheuer war schon alles verfuttert. Wir konnten vor Hitze nicht mehr zum Schupfen hin.
Ich sprang zum Telefon (es war dies nur Wassertelefon, verband die verschiedenen Mühlen mit dem Karlsbader Stadtbauamt, wegen Hochwassergefahr) und dies Telefon funktionierte nicht, so dass ich keine Station erreichen konnte, es war eine Störung.
Nun sprangen unsere 2 großen Jungen nach Einsiedel, um die Feuerwehr zu verständigen. Ich stand mit meinem Mann ratlos vor der Haustür und fragte: „Werden wir den das Wohnhaus ausräumen müssen“? Nun freilich, war seine Antwort und er rief alle Arbeiter die wir hatten ins Haus um mit dem räumen zu beginnen. Die Kinder schrieen vor Angst. Die zwei kleinen Buben Fredl und Fritzl gingen hinauf auf die Wiesen, Mariechen wickelte ich in eine Decke und nahm sie mit mir in den 1. Stock hinauf um auszuräumen. Ich nahm zu erst die Betten, band sie in Tücher und warf sie zum Fenster hinunter. Dann die Wäsche hüllte ich in den großen Teppich und warf alles zum Fenster hinaus, über den Mühlgraben, wo unser Dienstmädchen Anna Hammer alles auf die Wiese hin unter räumte. Die Arbeiter entfernten zuerst das Vieh, die Pferde, die Kühe und Schweine und die Hühner wurde alles in die Scheune gebracht. Es dauerte ¾ Stunden bevor Hilfe kam aus Einsiedel und Sangerberg. Das Mühlengebäude, welches mit Schindeln gedeckt war, brannte schon Lichterloh. Die Spritze wurde in Tätigkeit gesetzt. Es hatten sich schon viele Leute im Hofe angesammelt, meistens Schaulustige. Als wir oben die Sachen geräumt hatten bis auf die Möbel, gingen wir hinunter um das Speisezimmer zu räumen. Die Hitze im Haus war schon so groß, dass das Fensterglas zersprang, ich schloss die Fensterläden, wegen der großen Hitze und nahm im Zimmer die Vorhänge und Teppiche weg. Mariechen hatte ich immer bei mir, die Buben standen mit im Hof unter den Leuten. Ich dachte nur immer, wenn nur jemand käme und mir das Kind in Obhut nehmen würde.
Die Feuerwehr räumte nun unten die Möbel hinaus, und aus der Mühle viele Säcke Getreide und Mehl, welches von den vielen Wassermengen alles
durchnässt war. Doch auch das Wohngebäude brannte über und über, es brannte bis auf den ersten Stock nieder. Es wurde viel Wasser in die Räume
gespritzt, das man glaubte die Rohdecken brechen hernieder.
Die Lichtmaschine war noch in Tätigkeit, so dass in den Räumen noch Licht brannte, bis das Feuer die Leitungen zerstörte. So gegen ½ 8 Uhr abends -
der Brand entstand um ½ 6 Uhr abends - Ich ging nun mit Mariechen durch die Mühle hinten hinaus und sah am Wege herunter Herrn Diener mit dem
Auto kommen. Frau Diener nahm mir gleich das Kind ab und die anderen 4 Jungen schafften sie sogleich nach Einsiedel in ihre Wohnung. Und kamen
dann wieder, um noch mit zu helfen.
Es fing an zu regnen, meine Sachen, Wäsche und Kleider und Betten lag alles im Schmutz auf der Wiese. Die Frauen wollten mit den großen Teppichen
die Betten decken, in die war die Wäsche eingehüllt und man warf mir alles auf die Wiese. Auf einmal kam Hochwasser, es war auf der Glotzen ein
Deich gerissen, so mussten wir meine Sachen wieder 2 – 3 m herauf geschleppt werden.
Unglück über Unglück zeigte sich. Bei der Scheuer lagen die Pferdegeschirre. Ein Sanaberger war im Begriff die Geschirre zu stehlen, als Frau Marie
Tanzer von Einsiedl kam und es verhinderte. Ein wahrer Schüttelfrost überkam mich, ins Haus konnte man nicht mehr Das Wasser lief die Stiegen
herunter wie ein Bach. In dem Schupfen verbrannte das neue Auto, 1 Wagen Holzwolle, 2 Lastwägen, 2 Jauchefässer und der Rennschlitten, Ackergeräte und das ganze Heu, gegen 12 Fuhren.
Und das schlimmste von allem war, dass wir die letzte Versicherungsprämie nicht eingezahlt hatten. Aber die Mühlenversicherung war großzügig und erkannte den Schaden an, wir zahlten am nächsten Tag die Versicherungsprämie. Aber die Autoversicherung erkannte den Schaden nicht an und wir waren um das Auto, für welches wir schon 46.000 K abgezahlt hatten, gekommen.
Abends gegen 11 Uhr war der Brand so ziemlich gelöscht. Wir gingen ins Nebengebäude, in die Dienstbotenwohnung, dort wurde ein Feuer angemacht im Ofen, das Holz aber alles war nass, es wollte nicht brennen. Unser Straßenwärter, Herr Schömer aus Rauschenbach, wich auch nicht von unserer Seite so lange es eine Arbeit noch gab. Auch einige Feuerwehrleute lieben diese Nacht hier. Frau Diener schickte heißen Tee mit Rum und ein ganzes Brot und Wurst, das die Leute was zu essen hatten.
Wir hockten mit den Liegestätten der Arbeiter und konnten keine Ruhe finden. Gegen 12 Uhr holte mich Herr Diener mit dem Auto nach Einsiede, weil Mariechen unaufhörlich schrie. Sie wollte nur mich haben. Die Kinder waren halt auch alle aufgeregt. Ich blieb dann in Einsiedel bis früh um 5 Uhr ließ es mir keine Ruh, ich machte mich auf und ging zur Fritzmühle.
Ein jäher Schrecken erfasste mich, als ich im Tal die rauchende Ruine sah. Nun dachte ich, ganz ruiniert, wie Bettler standen wir da. Weinend setzte ich meinen Weg fort bis zur Mühle.
Jetzt gab es eine Arbeit, alles war ein Trümmerhaufen, nichts fand man, kein Geschirr, kein Gewand. Die Möbel wurden in der Scheuer untergebracht, weil es immer noch regnete, auch Betten und Wäsche. Die Decke der Küche musste gestützt werden, sie drohte herunter zu brechen. Wir hatten Arbeit, dass wir das Wasser aus den Räumen brachten. Wir richteten das untere Speisezimmer her, das man dort vorläufig schlafen konnte. Am nächsten Tage viel so viel Schnee, das dort Wasser durch die Decken lief, so dass ich fast nicht beim Ofen stehen konnte. Das Wasser lief mir über den Kopf. Mein Mann hatte im Gesicht und Händen Brandwunden, denn er ging noch in die brennende Mühle, um Treibriemen zu retten. Er jammerte nur immer um die schönen neuen Möbel. Jetzt hatten wir den
neuen Plansichter gekauft, alles war zu Nichte.
Meine liebe Frau Diener schickt uns einen ganzen Korb voll Kolonialwaren und kam die folgenden Tage immer, um mir die Wäsche mit in Ordnung zu bringen. Die gute Sache werde ich nie und nie vergessen. Der liebe Gott soll es ihr vergelten!
Den Tag nach dem Brand telegraphieren wir dem Schwager Rudolf Ducke, was uns für ein Unglück getroffen hatte. Er kam sogleich am selben Tag mit meiner Schwester. Sie kamen spät in der Nacht an und als die Schwester an das Fenster klopfte und die Scheiben rollten ihr entgegen, hatte sie erst geglaubt wir sind alle fort in Einsiedel. Ein finsteres Gefühl ist ihr überkommen, die große Finsternis, denn da stieg noch stickiger Rauch auf, sie erzählte mir dann den Eindruck.
Wir waren nun noch am Nebengebäude oben und öffneten sogleich, als unsere lieben Verwandten kamen. Sie brachten uns Lebensmittel mit und etwas Geld. Wir sprachen fast die ganze Nacht zusammen und schliefen nur kurze Zeit. Früh war ein Sonntagmorgen. Mein Junge Erich ging an diesem Tage zur ersten Heiligen Kommunion. Meine Kinder waren alle in Einsiedel bei Familie Diener. Ich ging nun mit meiner Schwester auch nach Einsiedel, um auch den Erich zu sehen. Als wir zu Frau Diener kamen, hatte sie ihn schon angezogen und ein Myrthesträußchen eingesteckt, wir haben alle geweint, als wir zusammenkamen.
Frau Diener reichte ihm die Hand und sagte: „Also geh mit Gott und werde ein guter Mensch.“ Ich bin Frau Diener zu großem Dank verpflichtet, was sie uns alles Gutes tat. Wir gingen dann alle in die Kirche mit den Kindern. Nachher nahmen wir die Kinder mit heim, weil Ihre liebe Tante Anna und Onkel Rudolf hier waren. Wir besprachen nun alles unter einander, was wir machen werden. Die Schwester sagte, baut nicht mehr auf, kommt wieder in die Heimat. Wir werden euch schon weiterhelfen. Mein Mann sagte wieder nein, das mache ich nicht, ich baue wieder auf und vielleicht kann ich dann verkaufen. Also es wurde vorläufig ein Notdach darauf gemacht, damit die Rohdecken nicht vollends durchbrachen. Im Mai war der Ausgleich durchgeführt, da sollten wir Raten zahlen. Jetzt? Woher Geld nehmen? Das einzige war noch, die Holzwolllagerung, so dass wir in kurzer Zeit wieder arbeiten konnten. Die Kinder ärgerten sich am meister, dass alle Skier am Boden mit
verbrannten.
Es waren auch viele Meter Holz verkohlt, welches im Hofe lagerte. Im Juni fingen wir an mit dem Aufbau der Mühle, wir erhielten von der Mühlenversicherung Leitnitz 75.000 k. Der Bau der Mühle kostete aber 85.000 K, so dass wir noch 10.000 k zusetzen mussten. Die innere Mühleneinrichtung wurde aber nur einfach gemacht, weil wir uns mit dem Gedanken trugen, sie zu verkaufen. Für uns war die Mühle, ein .... wo uns nichts wie Unglück zu teil wurde. Nach dem Brande hatten wir nun kein Heu mehr für das Vieh. Wir wurden nach Einsiedel bestellt, zu den Bauern, wo jeder ein paar Bund Heu hergab. Auch Stroh erhielten wir, so dass wir das Vieh erhalten konnten. Auch 9 Arbeiter hatten wir weniger, da das Auto weg war und das eine Pferd verkauft. Denn wir hatten zwei Füchse und einen Rappen, letzteren
verkauften wir. Im September war der Bau beendet und ich räumte wieder die Sachen in die oberen Zimmer. Aber ich hatte keine Freude mehr an alldem, dann wir waren ja ganz ruiniert. Die Holzwolle war unterdessen so im Preis gesunken, dass man fast gar nichts mehr verdiente. Die Müllerei ging auch sehr schwach. Mein Mann erkundigte sich nach allen Seiten, wegen dem Verkauf der Mühle.
Das Kreuz bei der Fritzmühle
Am Tage Heilig 3 Könige 1929 schickte mir meine liebe Mutter den Christus und ich ließ in sogleich an das Kreuz befestigen. Meine Mutter sagte immer, es wird euch dort der liebe Gott helfen, ihr habt schon so viel Verluste gehabt und dass ihr doch abwärts kommt. Der Flurheger ließ auch eine Bank unter dem Kreuz anbringen. Ich hatte es so lieb das Plätzchen und besuchte es fast jeden Abend. Auch gab ich Wiesenblumen und Heidekränze des öfteren hin. Die Schwestern, des Einsiedler Klosters besuchten auch gern den schönen Platz und lobten den guten Einfall meiner lieben Mutter. (grimm-flaehmig@t-online.de)